Offener Brief an Presse, VertreterInnen des Integrationsrates und VertreterInnen der Stadt Paderborn

Am Mittwoch, den 14.3.2013 haben wir mit Interesse den Artikel „Rote Karte für Rassismus“ im Westfälischen Volksblatt verfolgt, in dem berichtet wurde, dass der Integrationsrat sich für einen Gedenktag der Opfer der Pogrome von 1993 in Solingen ausgesprochen hat. Unsere anfängliche Freude wurde jedoch sehr schnell durch die Aussagen des Ratsmitgliedes Holger Budde (CDU), des Schuldezernenten Wolfgang Walter, sowie der des Bürgermeister Paus getrübt.
Zum einen stoßen wir uns an der Äußerung von Herrn Buddes), der für ein einmaliges Erinnern plädiert, da es ja bereits einen Gedenktag in Paderborn gebe. In unseren Augen handelt es sich bei den beiden Veranstaltungen um zwei völlig voneinander unabhängige Geschehnisse, denen man beiden gedenken muss! Die Veranstaltung am 9. November an der alten Synagoge lässt uns an die Opfer der Reichspogromnacht von 1938 und den Opfern des Nationalsozialismus gedenken. Die geplante Veranstaltung auf dem Rathausplatz hingegen gedenkt den Opfern der Pogrome von 1992/93 und den über 140 Menschen, die nach dem Nationalsozialismus von Nazis bzw. extrem Rechten ermordet wurden.

Des Weiteren finden wir es sehr bestürzend, dass gerade im Zusammenhang mit den Pogromen 1992/93 von Bürgermeister Paus und Wolfgang Walters gewünscht wird, die Begründung des Antrages sprachlich zu verhindern und somit das unausgesprochen zu lassen, was die Pogrome mit sich gebracht haben, nämlich vor allem einen Nachteil für Menschen, die nach Deutschland kommen und um Asyl bitten!

Die Mehrheit der Politik sah Deutschland 1992 durch einen „Staatsnotstand“ bedroht, da angeblich zu viele Asylberwerber*innen nach Deutschland kamen. Deshalb entschieden sich die Parteien CDU, CSU, SPD und FDP dafür Vorkehrungen zu treffen, um diesen Flüchtlingsstrom zu beenden. Als Ergebnis wurden ein Jahr später umfangreiche Verfassungsänderungen vorgenommen, die eine Einreise nach Deutschland erheblich erschweren sollten.
Nach den Pogromen von u.a. Rostock-Lichtenhagen entschied man sich also dagegen für die Sicherheit von den Menschen zu sorgen, die in diesem Land nach Schutz suchten. Stattdessen versuchte man den wütenden Mob zu beruhigen, in dem man die Grenzen für die Schutzbedürftigen verschloss.
Zu den Maßnahmen, die eine Einreise nach Deutschland verhindern sollen, gehört u.a. die „Drittstaatenlösung“. Diese besagt, dass Asylsuchende in dem Land einen Asylantrag stellen müssen, dass sie nach ihrer Fluch betreten, insofern dieses Land über ein sicheres Asylverfahren verfügt. Da Deutschland nur von „sicheren“ Ländern umgeben ist, ist es für Asylsuchende quasi unmöglich Deutschland als erstes „sicheres“ Land zu betreten. Eine weitere Neuerung ist, dass Bundestag und-rat definieren, in welchen Länder es politische Verfolgung gibt und in welchen nicht und wer somit das Recht hat zu fliehen und wer nicht. Da kann man berechtigterweise in einem gewissen Rahmen von einem völkischen Staatsverständnis reden, in dem nicht alle willkommen sind, die hier sein möchten, sondern nur solche, die der Staat sich aussucht.

Generell befürworten und unterstützen wir die Idee, einen Gedenktag für alle Opfer rechter Morde zu etablieren, wie unter anderem von der DIP gefordert, da es sich nicht um ein vergängliches Phänomen handelt, sondern regelmäßig passieren kann und auch in Zukunft leider nicht abwegig zu sein scheint.

Mit freundlichen Grüßen
BDP Infoladen Paderborn